Politik

AfD - und sie streiten weiter! Petrys Coup vorerst gescheitert

Frauke Petry beruft Parteikonvent ein


AfD Wahlplakate (Quelle: heldmann.photography)
GDN - Eigentlich war für kommenden Samstag geplant, in Kassel einen Bundesparteitag zur Wahl des neuen Vorstands durchzuführen. Doch der wurde vor knapp zwei Wochen abgesagt. Nun hat Frauke Petry kurzfristig zum gleichen Termin den Konvent nach kassel einberufen.
Bernd Lucke
Quelle: heldmann.photography
Frauke Petry ist eine der, noch, drei gleichberechtigten Sprecher der Partei. Nach der Satzungsänderung, die beim letzten Mitgliederparteitag beschlossen wurde, soll nur noch ein Vorsitzender die Partei führen. Um diesen Job konkurrieren Bernd Lucke und Frauke Petry. Dabei geht es nicht nur um Personen, sondern vor allem um eine politische Richtungsentscheidung. Während Lucke eher für eine liberal-konservative Haltung steht, auch wenn die von ihm initiierte “Weckruf“-Bewegung fatalerweise ebenso heißt wie eines der ersten Parteiorgane der damals noch jungen NSDAP, ist Petry die Gallionsfigur des rechtspopulistischen, völkischen Flügels der AfD. Vermutet wurde, dass die Zusammensetzung der abgesagten Delegiertenkonferenz gute Chancen für Petry geboten hätte, sich gegen Lucke durchzusetzen. Da der Parteigründer Lucke wohl in der Mitgliedschaft nach wie vor ein recht hohes Ansehen hat, könnte das Pendel bei der nun für Anfang Juli in essen geplanten Mitgliederversammlung eher in seine Richtung ausschlagen, auch wenn die Versammlung im eher auf der rechten Flanke der Partei einzuordnenden Landesverband NRW stattfinden soll.
Einladungsschreiben zum Konvent
Quelle: GDN
Am Mittwoch startete Frauke Petry nun den nächsten Coup. Sie lud die Landesverbände mit einer GDN vorliegenden Mail zu einem Parteikonvent für den kommenden Samstag nach Kassel in “Eppos Clubhaus“, dem inoffiziellen Lokal des örtlichen Fußballvereins KSV Hessen Kassel unweit des Auestadions ein. Petry bezieht sich dabei auf die Regelung in der Parteisatzung, wonach “auf Antrag des Bundesvorstands oder der Vorstände aus drei Landesverbänden oder eines Viertels der Mitglieder des Konvents der Konvent unverzüglich einzuberufen (ist).“ (§12 Abs.3). In ihrer Einladung schreibt sie, sie erfolge “im Namen der Landesvorstände in Niedersachsen, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen.“ Bemerkenswert ist auch die Kurzfristigkeit, mit der zu der konstituierenden Sitzung dieses Parteigremiums eingeladen wird. Aber die Satzung sieht keine Mindest- sondern nur eine Höchstladungsfrist vor: “Die Einberufung erfolgt auf einen Termin nicht später als drei Wochen nach Antragstellung, wenn dies ausdrücklich beantragt wird.“ (ebenda)
Zwar sind in der Einladung keine inhaltlichen Beratungspunkte benannt, aber Frau Petry hatte auf Twitter mitgeteilt, der einzige Punkt sei die Sicherstellung der Finanzierung des Bundesparteitags. Nun muss man wissen, dass der Konvent nach der Satzung Beschlüsse des Bundesvorstands aufheben kann, etwa die zur Durchführung eines Bundesparteitags als Mitgliederversammlung: “Der Bundesvorstand entscheidet, ob ein Bundesparteitag als Mitgliederparteitag oder als Delegiertenparteitag einzuberufen ist, soweit nicht der Bundesparteitag oder der Konvent eine Festlegung getroffen haben.“ (§ 11 Abs. 2 der Satzung).
Und in § 14 heißt es, der Bundesvorstand “führt die Geschäfte auf der Grundlage der Beschlüsse des Bundesparteitages und des Konvents.“ Es deutet also einiges darauf hin, dass Petry und ihr nahestehende Landesverbände, Sachsen als ihr heimischer und der vom AfD-Rechtsaußen Höcke mit geführte thüringische gehören sicher dazu, den Konvent am Samstag nutzen will, den Macht- und Richtungskampf in der AfD in ihre Richtung zu drehen.
Kein Wunder, dass Lucke und der dritte der gleichberechtigten Sprecher, Konrad Adam, ausgesprochen pikiert auf diesen Überraschungscoup reagiert haben. Lucke wird in “Zeit Online“ zitiert, “die Einberufung mutet etwas überhastet an, da sich der Antrag an den gesamten Bundesvorstand richtet, der erst einmal dazu tagen muss“. Petry versuche mit der Einladung, den Mitgliederparteitag zu verhindern, sagte Adam ZEIT ONLINE, denn sie fürchte um ihre angestrebte Wiederwahl.
Was beide möglicherweise jedoch übersehen haben, Frauke Petry hat gar nicht als Bundessprecherin eingeladen, sondern als Vorsitzende eines der Landesverbände, die nach der eingangs zitierten Satzungsvorschrift, wonach “auf Antrag “¦ der Vorstände aus drei Landesverbänden “¦ der Konvent unverzüglich einzuberufen“ ist. Die Satzung sieht an dieser Stelle keinen zwischengeschalteten Beschluss des Bundesvorstands vor. Lucke hatte ja bereits mit seiner “Weckruf“-Aktion für mehr Irritation als Klarheit gesorgt. Auch jetzt zeigt Petry, dass sie offensichtlich die gewieftere Strippenzieherin in der Partei ist.
Hinzu kommt, dass die Satzung nichts dazu regelt, ob der Konvent (medien-)öffentlich tagt, wie es bei Parteitagen grundsätzlich nach § 10 der Parteitags-Geschäftsordnung der Fall ist. Die Geschäftsordnung des Konvents, in der das geregelt werden könnte, wird erst bei der Konstituierung beschlossen. Es ist also zu vermuten, dass der Machtkampf am kommenden Samstag ab 11 Uhr in Kassel hinter verschlossenen Türen weitergehen wird.
Aktueller Nachtrag: Konvent verschoben
Wie die Nachrichtenagentur AFP am Freitagmittag berichtete, haben die Landesvorsitzenden der AFP in einer Telefonkonferenz mehrheitlich beschlossen, den für diese Woche Samstag eingeladenen Parteikonvent um eine Woche auf den 20. Juni zu verschieben. An welchem Ort er dann stattfinden soll, wurde nicht übermittelt. Wie AFP weiter mitteilte, habe Bernd Lucke mitteilen lassen, dass er zu dem kurzfristig anberaumten Treffen nicht anreisen wolle. In der Bundesgeschäftsstelle wurde auf Zweifel verwiesen, ob Petry überhaupt auf eigene Faust zu einem derartigen Parteitreffen einladen durfte und ob diese Einladung fristgerecht erfolgte. Frau Petrys Überraschungscoup kann damit als, zumindest vorerst, gescheitert betrachtet werden.
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